Richard Egmont Bade ist ein Köln lebender Animationsfilm-Künstler, der in den Opekta-Ateliers die Badini Film- und Fernsehproduktion betreibt. Für das deutsche Kinderfernsehen (WDR) hat er schon hunderte von Animationsfilmen, Trickfilmmodelle und Illustrationen gestaltet. Auch im asiatischen Raum sieht man seine Arbeit auf den Bildschirmen – Thailand, Indonesien, Laos, den Phillipinen, Myanmar, Vietnam, Brunei, Kambodscha und Malaysia.

 

Szenenübersicht für den Vorspann des asiatischen Kindernachrichtenmagazins „I got it!“

Szenenübersicht für den Vorspann des asiatischen Kindernachrichtenmagazins „I got it!“

Wie bist du dazu gekommen Trickfilme zu machen? War das ein Kinderheitstraum von dir?

Als Kind hatte ich einen kleinen Filmprojektor aus Plastik, damit konnte man mit einer Kurbel Zeichentrickfilme projizieren. Dadurch habe ich das Prinzip des Filmes verstanden. Später habe ich mit Super 8 Kameras und Stopptrick experimentiert. Die zeichnerische Begabung hat man mir schon auf dem Schulzeugnis der ersten Klasse bescheinigt. Richtig ernsthaft habe ich mich mit Trickfilm erst Mitte der Neunziger beschäftigt.

 

Rotoskopiermaschine von 1996, Richard Bade

Rotoskopiermaschine von 1996, Richard Bade

Heute produzierst du „hunderte von Animationsfilme, Trickfilmmodelle und Illustrationen für das deutsche Kinderfernsehen“, wie es auf deiner Webseite zu lesen ist. Das klingt nach einem guten Auftraggeber. Seit wann arbeitest für das deutsche Kinderfernsehen und wie kam die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber WDR zustande?

Seit 2005 arbeite für Formate, wie 9 ½-Deine Reporter, die Sendung mir der Maus, Wissen macht Ah! oder Tier hoch vier.

Meistens arbeite ich nicht mit dem WDR direkt zusammen, sondern mit Produktionsfirmen, welche Formate komplett produzieren. Heute sind die Produktionen des WDRs meistens an freie Produktionsfirmen ausgelagert und so erhält man die Aufträge über die Redakteure dieser Produktionen. Der Nachteil dieser Systemwirtschaft ist, dass man als Subunternehmer weniger Geld bekommt, als wenn man für den Sender direkt arbeitet.

 

Mein erster Eindruck deiner Arbeit ist, dass du verschieden Stile und Animationsfilm-Techniken mischst. Ist experimentelles Arbeiten eine angemessene Beschreibung deiner Arbeit – ich las an einer Stelle das du Kunst auf den Bildschirm machst?

Bei den Animationsfilmen für das Kinderfernsehen versuche ich immer etwas Neues hineinzubringen. Ich bin kein klassischer Grafikdienstleister, der wie ein Soldat die Befehle des Auftraggebers ausführt. Am liebsten möchte ich expressive, mutige und künstlerische Trickfilme machen. Leider wird man vom Zeitdruck oder von den Redaktionen gebremst, es soll ja alles klar und deutlich sein. Die Redaktionen sind meistens zu ängstlich, man traut Kindern nichts zu. So musste ich z.B. einmal eine Sequenz ändern, in der die deutschen Minister von einem lustigen Ufo vor den Reichstag gebeamt wurden. Stattdessen sollten die Minister einfach eingeblendet werden – eigentlich ist das viel gruseliger.

In dem Kindernachrichtenmagazin 9 ½-Deine Reporter war es in den ersten Jahren sehr spannend, weil ich für die Sendung den Stil der Animationen entwickelt habe und sehr frei arbeiten konnte. Die Herausforderung war: wie schafft man 2,5 Minuten sendefähige Animation und 35 Illustrationen in zwei Tagen? Ich habe dafür einen Workflow entwickelt, den ich „Rapide Techniken“ genannt habe. Mein Anspruch war, dass alles handgemacht und kreativ aussieht, damit Kinderzuschauer zum Zeichnen und Basteln inspiriert werden.

 

Szenenübersicht für eine Animation des Kindernachrichtenmagazins „9 ½-Deine Reporter“ (WDR). Für diese Animation hat man nur zwei Tage Zeit inklusive aller Trenner und Grafiken.

Szenenübersicht für eine Animation des Kindernachrichtenmagazins „9 ½-Deine Reporter“ (WDR). Für diese Animation hat man nur zwei Tage Zeit inklusive aller Trenner und Grafiken.

 

Mit welchen Techniken arbeitest du?

Eine zentrale Drehscheibe meiner Arbeit ist der Computer. Hier verwende ich gängige 2D und 3D Programme. Ich liebe die Arbeit mit Schauspielern und reales, analoges Material. Am liebsten wäre ich Trick-Bildhauer.

Gerade experimentiere ich mit computergesteuerten Motion Control Systemen und Motion Capture Systemen. Im Bereich Motion Capture gibt es mittlerweile interessante und erschwingliche Software und Technik. Das könnte eine Alternative zum Setzen von Keyframes werden.

Ich arbeite viel mit Bluescreen. Mein Atelier kann ich zu einem kleinen Greenscreenstudio umbauen. Ich habe ein spezielles Laufband gebaut, mit dem man auch Laufsequenzen drehen kann. Das Entwerfen und Bauen von Apparaten macht mir sehr großen Spaß.

 

Szene aus dem Kombinationstrickfilm „Die verhexte Spieluhr“ von Richard Bade

Szene aus dem Kombinationstrickfilm „Die verhexte Spieluhr“ von Richard Bade

Szenenbild aus dem Kombinationstrickfilm „Grimms Meise“ von Corinne Le Hong.

Szenenbild aus dem Kombinationstrickfilm „Grimms Meise“ von Corinne Le Hong.

Blick hinter die Kulissen: Kombinationstrickfilm „Grimms Meise“ von Corinne Le Hong, Trickgestaltung: Richard Bade

Blick hinter die Kulissen: Kombinationstrickfilm „Grimms Meise“ von Corinne Le Hong, Trickgestaltung: Richard Bade

 

Stellst du die Animationsfilme, Modelle und Illustrationen überwiegend alleine her oder nimmst du dir für jede Produktion andere freischaffende Trickfilmer hinzu?

Bei manchen Projekten arbeite ich alleine. Für größere Projekte arbeite ich mit anderen Künstlern zusammen, die auf die jeweilige Arbeit spezialisiert sind.

 

Sind die Animationsfilm-Künstler mit denen du kollaborierst alle aus deinem nahen Umfeld oder leben die global verteilt?

Die Künstler sind aus nationalem und internationalem Umfeld. Ich habe z.B. sehr guten Kontakt zu einer Gruppe von hervorragenden russischen und kasachischen Zeichentrick-Künstlern. Mein Netzwerk möchte sehr gerne weiter ausbauen.

 

Ist der Standort Köln und NRW ein guter Standort für ein Trickfilmstudio?

Bis jetzt kenne ich nur diesen Standort und hatte regelmäßige Aufträge ohne Akquise geleistet zu haben. Die Kunsthochschule für Medien Köln, das Mediengründungszentrum, die Medienstiftung NRW und der WDR sind eine ordentliche Infrastruktur, die ich für mich gut nutzen konnte.

 

Hast du eigene Filmprojekte konzipiert, die du über Filmförderungsanstalten und Sender realisieren möchtest?

Gerade verändert sich viel in meinem Schaffen. Nach zehn schönen Jahren habe ich die Arbeit bei dem Kindernachrichtenmagazin 9 ½-Deine Reporter beendet. Ich arbeite an Projekten, bei denen ich mich inhaltlich mehr einbringen kann und hoffe einen Sender und/oder die Medienstiftung damit zu überzeugen. In diesem Jahr habe ich den Kinderfilm „Hunde fallen nicht vom Himmel“ produziert, der von der Medienstiftung gefördert wurde und schon auf vielen Festivals gezeigt wurde. In den nächsten Filmen wird Trickfilm wieder eine größere Rolle spielen.

 

Wie ist dein Blick auf die deutsche Animationsfilmlandschaft? Fühlst du dich hier gut aufgehoben und vertreten?

Die deutsche Animationslandschaft ist bunt und es gibt große Talente und tolle Firmen. Für Animationskünstler sollten Sender, Filmproduktionen und Verleiher mehr Aufmerksamkeit und Sensibilität besitzen. Eine konkrete Vertretung der Animationsfilmschaffenden ist mir bis jetzt noch nicht bekannt gewesen.

Kannst du, als Vater, von deiner freiberuflichen Tätigkeit als Trickfilmer deine Familie gut ernähren oder ist es schwierig?

Wenn man hört, dass ich ca. 40 Animationsfilmbeiträge im Jahr für eine Kindersendung des ersten deutschen Fernsehens mache und zusätzlich noch viele weitere Projekte mache, wird man denken, dass ich mir über Geld keine Sorgen machen muss. Manchmal ist es allerdings nicht einfach über die Runden zu kommen. Ein Atelier und das ganze Equipment kosten viel Geld und die Bezahlung ist gerade im Bildungssektor nicht gerade üppig. Manchmal sehne ich mich nach einer festen Anstellung. Ich liebe die Atmosphäre an den Hochschulen und Universitäten. Ich habe einen Lehrauftrag an der Kunsthochschule für Medien Köln für analoge und digitale Tricktechniken, das macht mir riesigen Spaß. Ich kann mir vorstellen das weiter auszubauen.

 

Animation für 9 ½- Deine Reporter (WDR), Thema: Indianer

Animation für 9 ½- Deine Reporter (WDR), Thema: Indianer

 

Animation für 9 ½- Deine Reporter (WDR), Thema: Die Sendung mit der Maus hat Geburtstag

Animation für 9 ½- Deine Reporter (WDR), Thema: Die Sendung mit der Maus hat Geburtstag

Worin siehst du die Kraft des Mediums Animationsfilm? Was kann das Medium bewirken?

Der Animationsfilm bietet vor allem gestalterische Freiheit. Es ist alles darstellbar und Sehgewohnheiten lassen sich leichter durchbrechen, es ist geradezu notwendig diese zu durchbrechen. Diesen kreativen Spielraum zu nutzen ist die Herausforderung des Animationsfilms. Gute Animationsfilme können alles bewirken.

 

Besuchst du Filmfestivals weil da vielleicht auch Filme von dir gezeigt werden?

In letzter Zeit war ich nur auf dem Shorts at moonlight Filmfestival. Hier lief der Kinderfilm, den ich produziert habe. Leider schaffe ich es kaum auf Festivals zu gehen, da ich viel beschäftigt bin. Außerdem renne ich nach den ersten Filmen meist wieder nach Hause, weil mich die Filme inspirieren und ich produktiv sein möchte.

 

Wäre es für dich auch interessant interaktive Filme und Games herzustellen?

Ja, das fände ich wunderbar. Bis jetzt habe ich Freunden bei Games nur bei der Gestaltung geholfen. Ich habe ein paar Visionen zu Games, die ganz sicher Potential haben könnten.

Interaktive Filme habe ich selbst noch nie gesehen, vielleicht habe ich diese mit Games verwechselt? Eigentlich ist der doch der einzig sinnvolle interaktive Film das Leben selbst. Ich bin ein großer Freund des klassischen Filmes der den Standpunkt des Autors und Regisseurs zeigt. Den interaktiven Film habe ich für mich noch nicht entdeckt.

 

Siehst du deine Zukunft als Trickfilmschaffender?

Ich sehe meine Zukunft als Filmschaffender, der Trickfilm, Schauspiel, Musik, Bildhauerei und Erzählung verbindet. Eins meiner Vorbilder ist Karel Zeman, der seine Bildkompositionen aus Realfilm, Zeichentrick und Stopptrick kombiniert hat. Trickfilm wird in meinen Filmen immer eine große Rolle spielen. Die Rolle des Produzenten macht mir Spaß und es ist eine gute Möglichkeit mit Leuten zusammenarbeiten von denen ich viel lernen kann.

 

Hast du vor meiner Kontaktaufnahme mit dir schon mal von der AG-Animationsfilm (Bundesverband der Animationsfilmschaffenden) gehört?

Ich habe gerade eben die Website der AG-Animationsfilm besucht und bin begeistert. Ich möchte Mitglied werden!

 

Ich danke dir für das Interview und wünsche dir alles Gute für jetzt und in Zukunft.

Vielen Dank!

Badini Film- und Fernsehproduktion http://www.badini.de

Gregor Zootzky führte mit Richard Bade das Interview Ende November 2014.