Die Branche wünscht sich Kontinuität bei Auftragsvergabe sowie kreative Freiräume bei Projektumsetzung.

Am 16. Januar 2017 wurde im Deutschlandradio beim Magazin Corso ein Beitrag von Claudia Euen zur Situation der Animationsfilmschaffenden in Deutschland gesendet.

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Als Basis für den Beitrag diente unter anderem die Branchenumfrage der AG Animationsfilm.

Die Umfrage können Sie hier ansehen:  Branchenumfrage AG Animationsfilm 2015

Der Animationsfilm ist nicht nur bei Kindern beliebt. Die Sender wissen das und bieten insbesondere zwischen Weihnachten und Neujahr mehr Animationsfilme als sonst. Die AG Animationsfilm sieht dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn die Beliebtheit des Animationsfilms führt nicht dazu, dass die Sender auch über das Jahr hinweg dieses Interesse entsprechend bedienen.

 

Obwohl Jugendliche und junge Erwachsene besonders an Animation interessiert sind, spiegelt sich dies weder in den Programmen noch den Mediatheken der Sender. Ein Animationsfilm für junge Erwachsene gibt es so gut wie nicht.

 

Auch wenn man glaubt, dass es sich um einen schillernde Branche handelt, der Gabentisch der Animationsfilmmacher ist selten reichlich gedeckt. So hat eine Branchenumfrage der AG Animationsfilm ergeben, dass 69 Prozent der Macherinnen und Macher einen Brutto-Jahresverdienst von unter 30.000 Euro haben, 31 Prozent erhalten weniger als 16.500 Euro.

 

Nur jeder vierte Befragte spricht davon, dass er Projekte mit Gewinn macht. Sechs von 10 Projekten sind unterfinanziert. Sechs von zehn Befragten gaben zudem an, mit Honorarrückstellungen Projekte zu finanzieren. Allerdings ist dies oftmals eine „Fehlinvestition“. So haben sieben von zehn Betroffenen offenbart, dass sie nie bzw. selten das rückgestellte Honorar nachgezahlt bekommen.

 

Vier von 10 Befragten (42%) können nicht für das Alter vorsorgen, mehr als jeder Dritte (37%) wird später keine Mindestrente bekommen.

 

Angesichts dieser Daten verwundert es nicht, dass mehr als zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) schon über einen Ausstieg aus der Branche nachgedacht haben. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu verstehen, dass nur jeder vierte Befragte mit der Auftragslage zufrieden bzw. sehr zufrieden ist.

 

Der Animationsfilm kann mehr als ein Programm-Highlight zu Weihnachten sein. Nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche und junge Erwachsene interessieren sich für Animation – übrigens im selben Maße wie für Sport.

 

ARD und ZDF sollten deshalb die Animation aus der Kinder- und Feiertagsnische befreien. Dass die deutsche Animationsbranche international mithalten kann, zeigt sie immer wieder auf internationalen Festivals. Doch in vielen Sendern dominier asiatische bzw. US-amerikanische Lizenzproduktionen.

 

Deshalb ist es verständlich, dass von einem großen Teil der Befragten (73 %) gefordert wird, dass die deutsche Animation einen Anteil von mindestens 25 Prozent an der ausgestrahlten Animation in deutschen Sendern haben sollte. Übrigens: In Frankreich müssen die Sender einer Quote von 40 Prozent gerecht werden.

 

Vielleicht können ARD und ZDF in Zukunft dazu beitragen, der Branche zwei Wünsche zu erfüllen: Kontinuität bei Auftragsvergabe sowie kreative Freiräume bei Projektumsetzung.

 

Hinweis:

An der Befragung der AG Animationsfilm zur Situation der deutschen Animationsbranche haben sich 477 deutsche Freelancer, Angestellte sowie Produzenten beteiligt, die im Bereich der Animation tätig sind. (Die AG Animationsfilm hat momentan knapp 60 Mitglieder.) Damit schildert die Umfrage nicht nur die Befindlichkeiten der Mitglieder der AG Animationsfilm sondern gibt einen umfangreicheren Einblick in die Situation der Branche. Immerhin jeder sechste Befragte gab an, Produzent zu sein. Somit finden sich in der Umfrage beide Seiten der Branche: Produzenten und Freelancer bzw. Angestellte.